Es gibt Themen, die polarisieren, und es gibt Momente, die einem das Gewicht politischer Verantwortung noch deutlicher spüren lassen. Die Veranstaltung „Flucht und Migration“ am 24. Januar im Bonhoeffer Haus war genau so ein Moment. Gerade einmal drei Kandidierende hatten den Weg dorthin gefunden – wenig überraschend, denn es ist ein emotionalisiertes Thema, bei dem man sich schnell die Finger verbrennen kann. Umso wichtiger fand ich es, dabei zu sein.
Professor Pichls Vortrag eröffnete eine differenzierte und menschliche Perspektive, die an diesem Abend den Ton bestimmte. Hass und Hetze hatten hier keinen Platz. Besonders eindrücklich waren die Stimmen von Menschen, die selbst Flucht erlebt haben – Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchten und nun mit Sorge auf die eskalierende Debatte blicken. Ihre Verunsicherung war spürbar, und es war beklemmend zu sehen, dass sie sich in einem Land, das sie einst willkommen hieß, plötzlich nicht mehr sicher fühlen. Das bleibt mir im Gedächtnis.
Wahlkampf hautnah: Begegnungen zwischen Zuversicht und Widerstand
Am Samstag hieß es früh aufstehen: 10:00 Uhr, Wahlstand. Weil ich die Woche über viel unterwegs war, wollte ich diesmal eine Doppelschicht machen – präsent sein, zuhören, mich den Bürgerinnen und Bürgern zeigen. Und es hat sich gelohnt. Es gab viele konstruktive Gespräche, ehrliche Kritik an uns als Partei, aber auch an der Politik insgesamt. Solange ein Dialog möglich ist, sehe ich das als Chance.
Besonders schön waren die zufälligen Begegnungen mit alten Bekannten, mit Unterstützenden, die sich Zeit genommen haben, um vorbei zu kommen. Doch Wahlkampf hat auch eine andere Seite: Menschen, die sofort aggressiv werden, laut werden, Hass ausspucken, ohne Raum für ein Gespräch zu lassen. Da war es mir wichtig, eine klare Haltung zu zeigen: „So nicht. Nicht mit mir.“ Ich bin dankbar, dass wir als Team zusammengehalten haben und dass sich auch neue Mitglieder mit so viel Engagement eingebracht haben. Nach der langen Schicht war ich erschöpft, aber zufrieden. Genau dafür sind wir auf der Straße.
Politische Zäsuren: Ein Tabubruch mit Folgen
Die Woche danach begann ruhiger – ein paar Presseanfragen, darunter auch eine vom SWR für eine Reportage. Doch dann kam der Mittwoch und mit ihm ein politisches Beben: die Bundestagsdebatte, der Holocaust-Gedenktag und zeitgleich der Tabubruch von Friedrich Merz. Die TAZ schreibt: „Deutschland im Vormerz“ – klar und ein bisschen anarchistisch auf den Punkt gebracht.
An ein und demselben Tag dem Holocaust gedenken und gleichzeitig die Brandmauer zur AfD demontieren – das war eine Zäsur. Die AfD jubelt, Friedrich Merz hat sich verzockt. Für mich steht fest: Eine Koalition mit der CDU ist ab diesem Tag nicht mehr möglich.
Der Wahlkampf geht weiter
Am Samstag geht es wieder an den Wahlstand und in den Haustürwahlkampf. Ich bin gespannt, welche Gespräche mich erwarten – denn wenn diese Woche eins gezeigt hat, dann, dass es wichtiger denn je ist, Haltung zu zeigen.