Warum eine gezielte Verteilung der KIPKI-Mittel effektiver ist als die 'Gießkannen'-Strategie

Warum eine gezielte Verteilung der KIPKI-Mittel effektiver ist als die 'Gießkannen'-Strategie

Wenn ich an unseren Verbandsgemeinderat denke, dann fallen mir zwei Sprüche auf, die ich kürzlich gehört habe. „Für müde Füße ist jeder Weg zu lang!“ und 
„Der müde Leib findet überall ein Kissen!“.

Was war passiert?

Im Verbandsgemeinderat der VG Nahe-Glan wurde am 12.07.2023 unter Tagesordnungspunkt 2 die Verteilung der KIPKI-Gelder besprochen. Wen es interessiert anbei eine Zusammenfassung um was es sich bei KIPKI handelt. Wen das nicht interessiert, kann den nächsten Teil einfach überspringen.

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Was ist KIPKI?

Das Kommunale Investitionsprogramm Klimaschutz und Innovation (KIPKI) ist ein Förderprogramm in Rheinland-Pfalz, das allen kommunalen Gebietskörperschaften finanzielle Mittel für Maßnahmen im Bereich Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel zur Verfügung stellt. Das Programm umfasst insgesamt 250 Millionen Euro und besteht aus zwei Teilen.

Der erste Teil des Programms umfasst 180 Millionen Euro und wird als pauschale Förderung an alle Verbandsgemeinden, Städte und Kreise vergeben. Auch Ortsgemeinden profitieren indirekt über ihre Verbandsgemeinden. Ein eigener finanzieller Beitrag der Kommunen ist dabei nicht erforderlich. Dieser Teil des Programms wird vom Klimaschutzministerium verwaltet.

Der zweite Teil des Programms besteht aus einem Wettbewerb mit einem Fördervolumen von 60 Millionen Euro. Hier können Kommunen und private Unternehmen Fördermittel für Klimaschutzmaßnahmen beantragen. Dieser Teil wird vom Wirtschaftsministerium betreut.

Das Besondere am KIPKI-Programm ist seine einfache Handhabung. Kommunale Gebietskörperschaften können aus einem Maßnahmenkatalog auswählen, welche Maßnahmen vor Ort sinnvoll und umsetzbar sind. Der Katalog umfasst verschiedene Maßnahmen, angefangen von der nachhaltigen Wärmeversorgung bis hin zur energetischen Sanierung kommunaler Gebäude. Kleinere Maßnahmen wie die Förderung von E-Lastenrädern oder die Installation von Beschattungssystemen auf öffentlichen Plätzen, Schulen und Kitas sind ebenfalls möglich.

Die geförderten Mittel können auch zur Mitfinanzierung von Programmen anderer Fördermittelgeber genutzt werden, sofern deren Richtlinien dies zulassen. Eine Weiterleitung der Mittel an Ortsgemeinden ist grundsätzlich möglich.

Ergänzt wird das Investitionsprogramm durch den Kommunalen Klimapakt (KKP), der den teilnehmenden Kommunen maßgeschneiderte Beratungsdienstleistungen bietet. Der KKP geht über den Einsatz der KIPKI-Mittel hinaus und unterstützt die Kommunen bei ihren Klimaschutzaktivitäten.

Insgesamt bietet das KIPKI-Programm den Kommunen eine finanzielle Unterstützung sowie die Möglichkeit zur Beratung, um ihre Klimaschutzmaßnahmen voranzutreiben.

Link: KIPKI

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Worum ging es im Tagesordnungspunkt (TOP)?

Die Verwaltung macht dazu einen Vorschlag und möchte rund die Hälfte der Mittel (ca. EUR 600.000, -) bei der Verbandsgemeinde halten, ein Teil fließt in einen Fördertopf und weitere EUR 5.000, - werden an jede Kommune verteilt. 

Klingt doch fair, warum wollt ihr den Bürgermeistern das Geld nehmen?

Darum ging es überhaupt nicht. Es ging ums Prinzip. Dazu muss man wissen, dass der Umweltausschuss im Februar diesen Jahres das erste Mal dazu gehört wurde. Man gab seinen Wunsch an die Verwaltung weiter, man möchte lieber ein Leuchtturmprojekt fördern, als viele kleine weniger zielgerichtete Maßnahmen. Man nennt das das Gießkannenprinzip.

Was habt ihr zu unternehmen versucht?

Im Vorfeld hatten wir Grünen in der Fraktion uns ausgetauscht und den Gedanken einer Anschubfinanzierung einer Bürgergenossenschaft im Bereich der Nahwärmenetze anzustoßen und für mehrere Jahre mit den Geldern zu finanzieren. Wer die Diskussion rund ums Gebäudeenergiegesetz (GEG) verfolgt hat, der kam auch an der Neuregelung der Kopplung des GEG an die Kommunale Wärmeplanung nicht vorbei. Nun muss man noch wissen, dass TOP 1 daraus bestand, dass Kevin Hahn vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement zusammen mit Cindy-Lu Theis, unserer Klimaschutzmanagerin, die ersten erhobenen Zahlen aus unserer Verbandsgemeinde vorgetragen hatten. Und aus den Zahlen war ersichtlich, dass unsere Stromversorgung zwar bereits mit über 80% Erneuerbaren Energien läuft, allerdings die Wärme erst zu 10% (unter Bundesdurchschnitt) und das bei einem fast 4-fachen energetischen Aufwand. 

Nun ist also diese "Wärme" ein enorm wichtiges Thema. Sprich hätten die Kolleg:innen im Verbandsgemeinderat aufmerksam zugehört, hätte ihnen aufgehen können, dass wir es hier mit einem echt wichtigen Thema zu tun haben und nicht etwa mit einem Lückenfüller fürs Sommerloch.

Doch wie reagierten die Kolleg:innen im Verbandsgemeinderat?

Nun, als erstes versuchten wir den Tagesordnungspunkt unter "Ergänzungen zur Tagesordnung" mit der Begründung, dass der Umweltausschuss nicht erneut gehört wurde, sich die Rahmenbedingungen geändert hätten und der Wunsch des Umweltausschusses ja explizit ein Leuchtturmprojekt sei. Man wolle den Antrag noch einmal in den Umweltausschuss schicken. Daraufhin entbrannte eine Diskussion, bei der Argumente ausgetauscht wurde, aber am Ende ein SPD-Ortsbürgermeister den Grünen riet ihre "Überheblichkeit" abzulegen. Wenn ihm diese EUR 5.000, - zugesagt würden, dann würde er sich schon auf der Fahrt Gedanken machen, wie er die Gelder verplant. Fraktionssprecherin Barbara Bickelmann erwiderte darauf, dass es doch nicht das Ziel sei den Kommunen die EUR 5.000, - vorzuenthalten. Darauf wurde aber bereits nicht mehr gehört. Als nächstes folgte von Rolf Maschtowski (CDU) der Antrag auf Beendigung der Diskussion. Diesem wurde mehrheitlich zugestimmt und die Diskussion war beendet.

Als der Tagesordnungspunkt dann erneut behandelt wurde, gingen wir konkreter auf das ein, wie mit den Geldern umgegangen werden könnte. Barbara Bickelmann stellte kurz und knapp vor, dass die Gelder bei einer Bürgergenossenschaft im Bereich Nahwärme bestens aufgehoben wären. Dies hätte gleich mehrere positive Effekte:

  1. Eine Bürgergenossenschaft kann im Gebiet der gesamten Verbandsgemeinde aktiv sein und z. B. Neubaugebiete dabei unterstützen, dass diese schon bei der Planung ein Nahwärmekonzept bekämen. 
  2. Niemand in diesen Gebieten müsste eine andere Art der Wärmegewinnung wählen. Keine Öl- oder Gasheizung und auch keine Wärmepumpe.
  3. Alle Bauherr:innen würden dann Teil der Genossenschaft und könnten an den günstigen Preisen partizipieren. Das Investment würde sich nach kurzer Zeit rechnen

Also könnte man sich vom Markt recht unabhängig machen, die Planung und Organisation würde von der Genossenschaft übernommen. Dieses Konzept ließe sich natürlich über Neubaugebiete hinaus weiterentwickeln. So könnten auch z. B. Windräder oder Solarparks von Bürger:innen finanziert und die Gewinne oder Einsparungen aufgeteilt und in der Region bleiben. Dies nennt sich Wertschöpfung.

Doch auch diese Gedanken wurden eiligst verworfen, man habe noch viel auf der Tagesordnung und schon waren auch diese Bedenken vom Tisch gefegt.

Nun kommen wir zurück zu „Für müde Füße ist jeder Weg zu lang!“ und „Der müde Leib findet überall ein Kissen!“. Die Zitate hat Prof. Dr. Peter Heck vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) in der Woche nach der Sitzung in seinem ausführlicheren Vortrag am Mo. nach der Verbandsgemeinderatssitzung gebracht. Wie deutlich dich wurde, ließ sich an der Zahl der Ratsmitglieder ablesen, die außerhalb der Grünen und dem Verbandsbürgermeister den Weg zur Veranstaltung fanden. Diese Menschen entscheiden mit ihren "müden Füßen" darüber, in welche Richtung wir uns bewegen oder eben nicht bewegen. Denn anscheinend ist "jeder Weg" zu lang. Hauptsache es verändert sich möglichst nichts. 

Verbandsbürgermeister Uwe Engelmann ergänzte nachdem auch der zweite Antrag der Grünen-Fraktion abgelehnt wurde, dass man ja mit den verbleibenden Mitteln dennoch in diese Richtung planen könne. Nun halt statt mit knapp EUR 500.000, - halt nur noch mit knapp der Hälfte. Wir werden sehen. Für die Verbandsgemeinde war dies auf alle Fälle kein guter Tag. Entscheidungen wurden aufgeschoben und Gelder zunächst einmal mit der Gießkanne verteilt.

Natürlich werden die Bürgermeister und auch die Fördergelder nach bestem Wissen und Gewissen verplant. Denn um die Mittel zu erhalten muss man schließlich stichhaltige Anträge stellen. Nun ist es halt kein einzelner großer Antrag sondern viele viele kleine Anträge. Nun, da hat sich unsere Verwaltung sicher mächtig gefreut. 

Ein Gastbeitrag von Kai Sommer

 

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